Es waren drei Nächte in kleiner, vertrauter Runde – alles alte „Ayahuasca-Hasen“.
Wir trafen uns in einem Haus am Waldrand, machten den Kaminofen an, kümmerten uns um die energetische Reinigung des Zeremonieraums und starteten jeden Abend gegen 21 Uhr unsere Reisen. Versorgt wurden wir mit Gemüse aus dem hauseigenen Biogarten und einigen Sachen, die wir selber mitgebracht hatten. Alles war gut vorbereitet. Entgegen den vorangegangenen Zeremonien in Eigenregie, waren diesmal alle drei Nächte sehr ruhig und auch eher dunkel gehalten. Irgendwie passend zur Jahreszeit. Es gab im Raum genau 1 Kerze und das flackernde Licht des Ofens. Mit jeder Nacht wurde die Ruhephase, also die Zeit ohne Musik, länger. In der ersten Nacht war es 1 Stunde und in der dritten Nacht waren es über 4 Stunden. Erst um 1:40 Uhr wurde Musik angemacht und auch mit musiziert, aber auch das leise und verhalten.
Die Erfahrungen waren entsprechend anders, als sonst. Bei mir ist es zumindest so, dass Licht meine Visionen triggert und so waren alle drei Nächte eher arm an Visionen, zumindest verglichen mit den Licht-Zeremonien. Und wenn welche da waren, dann waren sie eher düster und meist aus rotem Licht – das Feuer des Ofens hatte da definitiv einen Einfluss drauf. Alles in Allem eine mystische Stimmung, was ich sehr mochte. Die Reisen in die Innenwelten waren tief und ergiebig. Anders als sonst, wo Musik und Licht bunte Visionen hervorrufen, die einen ablenken und auch schon mal in Feierstimmung bringen, versank ich diesmal in den tiefen Gründen meiner Seele.
Es waren keine Abgründe, sondern interessante Gedanken und Einsichten. Die Energie war in allen drei Nächten sehr stark. Da ich aber meine Erdungsmatte dabei hatte, die über feine Silberfasern die Energie direkt wieder ableitet, konnte ich sie gut aushalten und sogar genießen. Kein Brennen, keine Übelkeit, einfach nur starke, göttliche Lebensenergie, die jede Zelle meines Körpers erneuerte.
In allen drei Nächten kamen die intensivsten Visionen kurz vorm Einschlafen und immer waren sie weiß. Alles war weiß. Egal durch was für virtuelle Welten mein Geist zog, sie waren weiß. Und wer das Weiß von DMT-Erfahrungen kennt, dem ist klar, von was für einem Weiß ich spreche. Es gibt dieses Weiß nicht in der physischen Welt, unsere Augen scheinen nicht in der Lage zu sein, es darzustellen. In DMT-Erfahrungen aber, und auch in Klarträumen, sieht unser inneres Auge, das Dritte Auge, die Welt und das ist unmittelbar mit dem Bewusstsein verbunden. Die Visionen sind dann von so großer Klarheit und Präsenz, wie ich sie in der materiellen Welt noch nie erlebt habe – auch nicht in jungen Jahren, als ich noch wahre Adleraugen hatte.
In der Dritten Nacht hatte ich die bemerkenswertesten Visionen. Inmitten von tiefem Schwarz (auch das Schwarz ist von einer Schwärze, wie man es nur von DMT kennt) türmten sich Berge von Silberkunst. Es war kein Silberschmuck, sondern Gegenstände, die keinen Sinn machten und einfach nur schön waren. Sie existierten ausschließlich ihrer Schönheit wegen und waren reichhaltig mit Fraktalen verziert. Gold war diesmal kaum zu sehen, in allen drei Nächten nur während der Anfangsphasen – bei Lichtzeremonien hingegen bade ich jedesmal in Gold. Ich hatte diesmal viel rotes Licht, ein paar Drachenköpfe, feurige Schlangen, aber immer nur kurz. Auch Gesichter und dämonenhafte Fratzen gabs hier und da. Ich hieß alles willkommen, schließlich bin das ja alles ich. Die einzigen typischen Lichtvisionen waren die bunten Lichtwirbel, die ich jedesmal habe. Sie wandern immer von links nach rechts und bestehen hauptsächlich aus den Farben Weiß, Blau und Pink.
In der dritten Nacht dann, so etwas wie ein Portal. Ich hatte gerade einen sehr starken Rapé bekommen und ruhte mich aus, da bildete sich von meinem inneren Auge ein Kreis. Gleichzeitig drückte mein Drittes Auge, die Stelle zwischen den Augenbrauen. Dann wurde mein Bewusstsein in den Kreis hineingezogen und ich gelangte in einen dunklen Raum, wo nur 1 Wesen existierte. Es war, wie so oft, ein Krakenwesen. Seine Tentakeln waren aus rotem Licht und der Körper war länglich, wie der eines Schmetterlings. Für mich war sofort klar, dass dieses Wesen ein Spirit ist, wusste aber noch nicht, wie ich ihn einzuordnen habe. Angst hatte ich keine, ich habe keine Angst vor Spirits, egal welcher Natur sie sind.
Ich lag nur da und war nicht in de Lage zu denken. Der Rapé und die 10ml Ayahuasca, die ich vor dem Rapé noch nachgetrunken hatte, hatten meine linke Gehirnhälfte quasi ausgeschaltet. Ich existierte mit meinem Bewusstsein nur noch in diesem dunklen Raum und alles was dort war, war dieser feurig-rote Spirit. Es folgte ein Vortrag in Form eines sogenannten Downloads.
Ein Download im spirituellen Sinne ist das unmittelbare Implementieren von Wissen. Wo immer es herkommt, und von wem, es ist plötzlich da, wie beim Channeln. Downloads fühlen sich an, wie Aha-Erlebnisse, „ach so ist das, ich verstehe!“. Inzwischen war ich Eins mit dem Raum. Ich spürte meinen physischen Körper nur noch als feine Umrandung, während sich mein Energiekörper zu einer großen Wolke aufgeblasen hatte. Ich denke, dass die folgenden Informationen von diesem Spirit kamen.
Alles ist Illusion, alles. Auch ich bin Illusion. Dann sah ich die Welt aus der Sicht des Spirits. Ich verstand, dass es nur 1 Bewusstsein gibt und dieses eine Bewusstsein erschafft alle Welten und Realitäten. Mein Leben, also meine Illusion von lebendig sein, sei ein Geschenk. Es wurde mir aus Liebe zuteil. Alles was wirklich existiert, ist die Seele. Sie ist zugleich Gott, weil Gott die Summe aller Seelen ist. Die Seele erschafft alles, was ist und sie träumt die Welt, in der sie sich als Mensch, Tier, Pflanze, oder was auch immer inkarniert. Die Seele liebt es zu leben, weil Gott es liebt, zu leben. Sie spielt das Spiel des Lebens mit aller Ernsthaftigkeit, wie ein Kind, dass in seiner Fantasiewelt versinkt. Alle Erfahrungen sind der Wille der Seele. Wenn sie wissen will, wie es ist von einer hohen Klippe zu springen, muss sie in ihrem Lebenstraum von einer hohen Klippe springen. Das Meer wird nicht rauf zu ihr kommen.
Dann schloss sich das Dritte Auge wieder, welches dieses Portal darstellte.
Ich war enttäuscht. Vor allem, weil ich aus der Perspektive des Spirits gespürt habe, dass es wirklich so ist. Alles ist Illusion, existiert nur in unserer Vorstellung, unserem Traum vom Leben. Ich beschloss es nicht anzunehmen, zumindest nicht für die Zeit meiner irdischen Existenz. Ich war sogar ein bisschen wütend auf den Spirit. Wie kann er mir mein Leben kleinreden? Ich bin ich und ich liebe es, ich zu sein! Ich betrachte mich keines Falls nur als Illusion. Aber es fühlte gleichzeitig sich so wahr an, was da an Informationen kam. Ich spürte instinktiv, dass es so ist.
Alles, was existiert, ist Gott und wir Seelen sind Manifestationen seines Bewusstseins. Und er gibt uns die Fähigkeit des Träumens und wir träumen unser Leben. Ich überlegte, dass es im Grunde genommen eine egoistische Liebe ist. Denn wenn wir als Seelenkollektiv eine Entsprechung Gottes sind und er uns die Kraft der Illusion aus Liebe geschenkt hat, dann hat er sich ja dieses Geschenk quasi selbst gemacht. Und dann denke ich, na und? Es ist egoistisch, aber zugleich auch nicht. Wenn Eltern Kinder in die Welt setzen, ist es auch egoistisch und zugleich ist es das nicht, denn da entsteht ja ein eigenständiges Wesen, das in den Genuss kommt, zu leben.
Dennoch. Ich habe dieses materielle, physische Dasein gewählt und ich liebe es, auch wenn es nur eine Illusion ist. Auch meine Träume sind Illusion und dennoch liebe ich sie und freue mich jedesmal vorm Schlafengehen auf neue Abenteuer.
Drei spannende Nächte. Halbdunkle, von Stille geprägte Zeremonien am warmen Ofen, während draussen naßkaltes Januarwetter herrschte. Am Tage konnte man in den nahen Wald und sich wieder Erden und Kraft schöpfen.