Seit meinem letzten Ayahuasca explodieren meine Träume. Eigentlich die gesamten Nächte. Im positiven Sinne.
Es geht schon beim Einschlafen los, da sehe ich Farben, teilweise auch Muster und mein Wurzelchakra zieht sich immer wieder zusammen und pumpt über meine Kundalini frische Lebensenergie in jede meiner Zellen. Offenbar auch in die Gehirnzellen. Irgendwann schlafe ich ein und die Träume scheinen nicht von dieser Welt. Ein paar erinnere ich.
Die erste Nacht nach dem Wochenende träumte ich von einer Zeremonie.
Wir warten alle, dass es losgeht, dass das Ayahuasca ausgeteilt wird. Ich laufe durch die Räume und schaue mir alles an, derweil ist der Schamane dabei, seine Utensilien aufzubauen.
Es gibt viele Räume, sogar einen Außenbereich und ein dunkler Raum mit dezenter Lichtinstallation. Für später, wenn getanzt wird. Ich quatsche mit Teilnehmern, auch mit den Veranstaltern, die ich aus dem Wachleben nicht kenne, nie gesehen habe.
Ich nehme kein Ayahuasca, weil es dauert und dauert, lege mich hin, schließe die Augen und habe einen ausgewachsenen DMT-Trip. Muster, Farben, Lichtwirbel und Steampunk Objekte – die sind immer dabei. Dann werde ich wach.
Warten scheint zur Zeit Thema meiner Träume zu sein.
Eine Nacht später wartete ich vor einem Mac-Store, dass mein Macbook repariert wird.
Ich warte sehr lange, sitze die ganze Zeit da und beobachte die Menschen, die an mir vorbeigehen. Dann werde ich hineingerufen und der Techniker erklärt mir bis ins Detail, was er gemacht hat und zeigt mir auch die Rechnung, wo alles genau aufgeschlüsselt ist. Jede ausgeführte Tätigkeit ist mit einem Häkchen versehen. 189 Euro. Das ist günstig, denke ich. Die Festplatte wurde ausgetauscht und das System neu eingerichtet.
Noch schräger war ein Traum gestern Nacht.
Ich warte darauf, dass die Zeit weiterläuft. Sie war stehengeblieben und mit ihr alles um mich herum. Ich genieße es und finde es irgendwie sogar normal. Als wenn ein Film angehalten wird und ich warte, dass der Filmvorführer ihn weiterlaufen lässt. Ich entscheide mich irgendwann aufzuwachen. Die Klarheit, dass ich träume, kommt erst in diesem Moment.
Eines haben seit dem Aya-Wochenende alle Träume gemeinsam, sie sind sehr lang und von einem Realismus, der an Klarträume erinnert. Hoch aufgelöst, leuchtende Farben, imposante Gebäude und Pflanzen. Und Katzen. Kein Traum ohne Katzen 😀
Gestern hatte ich das Vergnügen, mal wieder einen Klartraum zu erleben.
Ich wache in einem fremden Schlafzimmer auf und werde klar. Eine Frau kommt herein und fragt, was ich in ihrem Bett mache? Ich habe keine Antwort und schaue sie nur an. Dann legt sie sich zu mir und wir haben Sex. Obwohl sie es war, die sich zu mir legte, beschwert sie sich, dass sie immer nur als Sexobjekt angesehen wird. Ich will ihr noch antworten, werd dann aber wach.
Heute Nacht hatte ich einen sehr bewegenden Traum. Er fing an, wie die anderen, ich wartete.
Ich warte darauf, dass mir einfällt, in welches Gebäude mein Arbeitgeber nächstes Jahr umziehen wird. Eines der Bürogebäude, vor denen ich stehe, muss es sein. Ich gehe im Kopf die Pläne durch, die uns gezeigt wurden, jede Etage eine andere Abteilung. Und das Gebäude soll hier stehen, in Berlin Mitte, genau an diesem Platz. Es will mir einfach nicht einfallen. Ist es das hohe? Das lange? Das ovale? Ich kann auch nirgends ein leeres Gebäude sehen, alle scheinen in Benutzung.
Ich höre es hinter mir rascheln und dann schnelle Schritte, die sich von mir entfernen. Ich realisiere sofort, was passiert ist. Ein Dieb hat aus der Tasche, die an meinem Lenker hängt, etwas gestohlen und macht sich davon. Ich entdecke ihn in der Ferne, steige auf meinen Scooter und rase ihm hinterher. Er biegt um eine Ecke. Ich erreiche die Ecke kurz nach ihm und bekomme gerade noch mit, wie er in einem Laden verschwindet. Der Laden sieht abgerockt aus, der Rahmen um die verdreckte Glastür ist rostig.
Ich rase ohne zu bremsen durch die offene Tür, fahre irgendwas um, es kracht und klappert, und komme zum Stehen. Der Dieb kommt aus einem Nebenraum und wirft mir die Kamera zu, die er gestohlen hat. Ein schöne alte Analogkamera mit Ledertasche.
Der Mann ist groß, gepflegt aus und hat eine traurige Ausstrahlung. Ich frage ihn, warum er das macht, Stehlen? Er antwortet, damit er sich etwas zum Abendessen kaufen kann. Ich greife in meine Brieftasche und gebe ihm 20 Euro. Er schaut mich beschämt an.
Ich sage ihm, dass die Kamera nicht mir gehört, sondern einem Freund, der ebenfalls kein Geld hat. Wer eine Olympus xyz hat, sagt er, der hat Geld. Nein, antworte ich, sie wurde ihm geschenkt.
Du bist Fotograf, frage ich? Ich sehe es an den Fotos an den Wänden und der Ladenausstattung. Ja, die knappe Antwort. Du bist ein guter Fotograf, die Sachen hier sind echt gut. Niemand bezahlt mehr für Fotos, sagt er. Für Fotos vielleicht nicht, aber ich würde gerne lernen zu fotografieren. Ich kann es dir zeigen. Sein Gesichtsausdruck ist wieder voller Leben und er will mir auch gleich etwas zeigen.
Er erklärt mir anhand einer bunten Tapete, wie Belichtung funktioniert. Die Tapete ist nicht einfach nur bunt, sie leuchtet aus sich heraus und erinnert an DMT-Visionen. Er beginnt mit einem Vortrag über Belichtung.
Es kommen Kinder rein. Sie fragen, was wir da machen? Ich sage ihnen, dass der Mann mir gerade das Fotografieren beibringt. Sie wollen es auch lernen, sagt einer der Jungs. Was es kostet, will er wissen. Nichts, antwortet der Mann, für Kinder ist der Unterricht umsonst.
Ich bin zutiefst gerührt. Mir kommen die Tränen und weil ich es mir nicht anmerken lassen will, gehe ich raus. Ich werde wach.
Als ich wach bin, bin ich zutiefst bewegt. So echt, der Traum, wie eine parallele Realität. Mir ist klar geworden, wie wichtig Empathie ist. Stiehlt jemand aus Gier, oder tut er es aus Not? Hätte der Mann aus Gier gestohlen, hätte ich vermutlich die Polizei gerufen. Wer hingegen aus Not stiehlt, wird mir klar, hat sich das nicht ausgesucht.
Nicht nur meine Träume sind zur Zeit sehr intensiv, auch schlafe ich außergewöhnlich lange. 9-11 Stunden sind keine Seltenheit. Ich brauche das offenbar im Moment. Der heilige Schlaf. Und immer dabei, meine Katze, die am Fußende liegt und alle paar Stunden an meiner Nase schnuppert, ob ich noch lebe.