Die Göttin auf dem Wolf

Traumbericht vom 23.01.2022

Teil 1

Der Traum beginnt unspektakulär. Ich bin Statist auf einem Filmset. Alle Statisten sind mit schmutzigen, hellblauen Kutten bekleidet, nur ich bekomme einen adretten, dunkelblauen Mantel verpasst. Auf ein Zeichen hin sollen alle eine Strasse entlang und in den Hof eines Gebäudes laufen. Das Zeichen wird gegeben und alle laufen los, nur ich nicht. Ich habe keine Lust mehr, bei dem Film mitzuwirken. Als alle bereits im Hof versammelt sind, bekomme ich die Anweisung, „Na los, Sie auch!“ Ich antworte, was das jetzt noch für einen Sinn machen soll und gehe in langsamen Schritten auf das Gebäude zu, biege dann aber nach links und verlasse den Drehort, ohne mich nochmal umzudrehen.

Teil 2

Ich gehe eine breite Küstenstrasse entlang und bleibe nach ein paar Metern stehen. Rechts von mir ist ein See, mit einem großen, überhängenden Felsen. Am Ende des Sees stehen zwei Palmen, das Wetter ist trübe. Ich biege in eine enge Seitenstrasse und betrete unmittelbar hinter der Mündung der Gasse eine Kneipe. Es stellt sich heraus, dass es ein Bordell ist, die Frauen dort sind alle sehr aufreizend gekleidet und verlockend positioniert. Ich setze mich an den Tresen und bestelle ein Glas Milch. Die schwarz gekleidete Wirtin wirkt asiatisch, ist ebenfalls sexy gekleidet und lächelt mich an. Ich bin wie in Trance und reagiere nicht, nehme das Glas Milch und leere es in einem Zug – mein Durst ist gewaltig.

An der Decke gegenüber erweckt etwas meine Aufmerksamkeit. Dort hängt ein winziger Spiegel, in dem irgendetwas vor sich geht, aber ich kann es nicht erkennen. Die Wirtin holt ein stattliches Vergrößerungsglas und hängt es vor den Spiegel. Jetzt sehe ich in dem Spiegel den See, mit dem überhängenden Felsen und statt zwei Palmen steht dort ein ganzer Palmenhain. Auch ist der Felsen mit Menschen übersät. Das Wetter im Spiegel ist sonnig, das Grün der Wiese unter den Palmen saftig und der See tiefblau, obendrein hat der See jetzt einen weißen Sandstrand. Immer wieder springen Menschen vom Felsen in den See. Ich verliebe mich in diese friedliche Spiegelwelt, so schön ist sie.

Dann höre ich draussen Getrampel. Ich gehe hinaus und es laufen schwarze Wildschweine an mir vorbei, gefolgt von mittelgroßen Nilpferden und schließlich einer Art berittenem Dinosaurier. Der Reiter ist komplett in Schwarz und auch alle Tiere sind schwarz. Ihren Rücken zieren weiß-gelbe Streifenmuster, nur der Dino hat silberne Streifen. Dann wird es richtig laut. Ich presse mich schützend an die Hauswand. Eine Herde von Tapir-artigen Rindern jagt durch die enge Gasse. Sie sind groß wie Büffel und drängeln in Richtung der breiten Strasse. Obwohl die Gasse sehr eng ist, werde ich nicht berührt – instinktiv spüre ich, dass mir nichts passieren kann. Auch die Tapir-Büffel sind schwarz mit gelb-weißen Streifen. Ihre Schnauze ist aber länger und dünner, als bei den Tapiren, wie wir sie kennen.

Das Schlusslicht bildet ein imposanter, silber-grauer Wolf.

Er ist um die zwei Meter hoch und hat statt Wolfsaugen metallisch glänzende Halbkugeln. Die Halbkugeln sind eng stehend über der Schnauze angeordnet und schauen mich an. Ich bin schwer beeindruckt und merke nicht, dass er beritten ist. Mit einem Lächeln lobe ich seine Schönheit, er aber schaut mich nur weiterhin regungslos an. Dann bemerke ich die Reiterin, auch sie schaut mich an. Sie hat etwas von einer Mongolin, trägt eine rote, bis zu den Schultern reichende, löwenartige Mähne und einen Mantel aus blank polierten, silbernen Metallstreifen, mit abgesetzten Schulterkappen, wie eine Rüstung. Sie ist ebenfalls groß, hat eine kräftige Statur und ihr breites Gesicht ist blass. Wie der Wolf hat sie keine Augen im herkömmlichen Sinne, sondern weiß glänzende Halbkugeln. Sie schaut mich lange und offenbar fragend an. „Wer ist das, was macht der hier?“, dringt in mein Bewusstsein.

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Dann steigt sie vom Wolf und geht in das Bordell. Ich folge ihr und setze mich an meinen alten Platz am Tresen. Wirtin und Reiterin scheinen sich gut zu kennen und begrüßen sich herzlich. Eine Kellnerin bringt der Wolfsfrau ein Getränk. Die Kellnerin hat ein entstelltes Auge – Augen scheinen hier keinen so hohen Stellenwert zu haben, denke ich mir. Dann schaue ich wieder hinauf in das Vergrößerungsglas, in den Palmenhain mit dem See. Inzwischen sind dort die Tapire angekommen. Sie sind riesig im Gegensatz zu den Menschen und reichen teilweise über den überstehenden Felsen hinaus. Die Menschen sind unbeirrt. Sie stehen oder sitzen auf dem Felsen, während unter ihnen langsam und gemächlich haushohe, schwarze Tapire vorbeiziehen. Dann werde ich wach.

Ich deute den ersten Teil des Traumes so: Ich habe beschlossen, bei dem Film, der bei uns hier gerade läuft, nicht mehr mitzuspielen. Sollen die anderen sie Sklaven mimen, ich bin raus.

Der zweite Teil des Traumes ist weniger leicht zu interpretieren. Wofür stehen die Tapire und vor allem, wer war die Reiterin? Im Gegensatz zu den Traumfiguren im 1. Teil, den Statisten, schien sie Bewusstsein zu haben. Als sie mich sah, war eindeutig zu spüren, dass sie mich nicht einordnen konnte. Ich hatte dort eigentlich nicht zu sein, dennoch akzeptierte sie es schließlich. Auch dass sie und ihr Wolf keine Augen hatten, hat etwas zu bedeuten, aber was? Waren es Spirits? Das würde zumindest erklären, warum sie Bewusstsein hatten.

*Im Zuge der Christianisierung wandelte sie sich in den Schriften zu einem männlichen Dämon, der auf einem Höllenhund reitet.

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