Das goldene Haus
Ich weiß nicht mehr, wann ich klar geworden bin, aber ich war es ab dem Moment, wo der vorangegangene Trübtraum mich zum herzhaften Lachen animiert hatte.
Ich verlasse die Wiese, wo die junge Frau mich zum Lachen gebracht hat und gehe auf ein Haus zu. Vor dem Haus treffe ich Andrés, den ich schon 13 Jahre nicht mehr gesehen habe. Wir tauschen die üblichen Begrüßungsfloskeln aus und dann sagt er, dass er mir das Haus schenken wolle, er könne nichts damit anfangen. Ich schaue ihn überrascht an, kannte ich ihn doch nur als chronisch pleite, aber dann werfe ich neugierig einen Blick ins Haus. Ein großer, trostloser Raum. Die Wände sind immerhin aus sauberem Sandstein.
Wir gehen hinein. Ich sage zu Andrés, dass ich das Ganze etwas umgestalten möchte. Zunächst ändere ich das Licht. Es sind jetzt unsichtbare Lampen angebracht, die den Raum in angenehmes, warmes Licht tauchen. Dann soll Gold her, viel Gold. Ich will soviel Gold wie möglich, weil Gold eine schöne Energie hat und meine Seele es liebt. Ich erschaffe einen großen, goldenen Spiegel, Stühle mit Goldlehnen, einen unregelmässig geformten Tisch mit Goldkante und in der Mitte des Raumes, ein zwei Meter hohes Messing-Relief. Eigentlich sollte es auch aus Gold sein, aber meine Vorstellungskraft hat leider nur für Messing gereicht. Das Gold der Gegenstände hüllt den Raum in goldenes Licht.
In der Mitte des Reliefs fehlt ein großes Stück. Dort lässt mich meine Vorstellungskraft einen schwarzen Schrank erschaffen. „Etwas zu krass, oder?“ frage ich Andres, der sich zwar wundert, wie ich das alles mache, aber als notorischer Kiffer offenbar eine Erklärung für sich gefunden hat. „Ne, schöner Kontrast!“, antwortet er. Das Relief ist Wandmalereien in ägyptischen Tempeln nachempfunden. Ein großes, 3-dimensionelles Abbild eines altägyptischen Gottes, umgeben von Priestern und Bediensteten. Keine Ahnung welche Gottheit es ist, aber er trägt eine imposante Kopfbedeckung und einen geringelten Stab an seiner Seite.
Ich habe zwar den Schrank mit den vielen Schubladen erschaffen, weiß aber nicht, was mir der Traum hinein gelegt hat. Ich bitte Andrés, den Zeremonienmeister zu spielen und die 1. Schublade zu öffnen, derweil drehe ich mich zur Seite. Dann schaue ich hinein. Sauber gestapelte Kleidungsstücke. Ich nehme eines heraus. Es besteht aus unregelmässig gewebtem, etwas grobmaschigem, grauen Stoff, hat lange, weite Ärmel und einen Schlitz für den Kopf. Die anderen Kleidungsstücke begutachte ich nicht. Andrés schließt die Schublade wieder und öffnet die nächste. Es sind zwei lange Kleidungsstücke drin, ein Dunkelrotes und eines aus blau-schillerndem Stoff – beide Kleidungsstücke sind sehr fein gewebt. Ich nehme das Blaue heraus. Es ist ein Gewandt, allerdings viel zu klein für mich. Auch das Hemd wäre zu klein für mich gewesen.
Nächste Schublade. In ihr sind Gegenstände, die ich keinem Nutzen zuordnen kann. Sie sind, wie der Schrank, aus schwarzem Holz und mit kunstvollen Schnitzereien und Perlmutt verziert. Eines der Gegenstände könnte ein Kamm sein, aber dann einer mit sehr wenigen Zähnen.
Als ich die Schublade weiter aufziehe, entdecke ich in ihrer Mitte eine sehr schöne, ebenfalls reichlich verzierte Truhe aus hellbraunem Holz. Sie hat ein Schloss, der Schlüssel steckt. Ich bitte Andrés, die Truhe zu öffnen. Als ich hinein schaue, sehe ich weitere kleine Gegenstände, die für mich überhaupt keinen Sinn machen. Sie ist unterteilt in drei kleine Fächer und ein großes, breites. In einem der kleinen Fächer liegen runde Steine, vielleicht auch Kristalle, ist schwer zu sagen, in den Farben Weiß, Lapislazuli-Blau und Grau. Ich nehme den weißen Kristall heraus, er ist ziemlich schwer.
Die letzte Schublade wird geöffnet, sie enthält einen Stapel großformatiges, farbiges Papier. Eine Lage Rot, eine Blau, eine Gelb und eine Grün. Ich fasse es an und bin überrascht. Es ist Seidenpapier, von sehr feiner Beschaffenheit. Andrés bemerkt, dass alles, was man auf diesem Papier niederschreibt oder malt, wahr wird.
Dann merke ich, wie ich stark eintrübe. Ich kämpfe nicht dagegen an, bedanke mich noch halbbewusst bei Andrés und werde wach.
So langsam bekomme ich das mit dem Erschaffen von Gegenständen hin. Je unverkrampfter man es macht, umso einfacher geht es.