Die Stadt mit dem kleinen, weißen Elefanten
Trübtraum:
Ich bin in einem Souvenirgeschäft, dass meinem älteren Bruder gehört und helfe ihm beim Einrichten der Regale. Alles ist sehr eng und ein blau bemaltes Gipsrelief fällt mir immer wieder runter. Beim zweiten Mal werde ich skeptisch, weil weder irgendwas gewackelt hat, noch ich ans Regal gestoßen bin. Als es ein drittes Mal ohne ersichtlichen Grund herunterfällt und dabei beschädigt wird, werde ich mir des Traums bewusst.
Klartraum:
Ich mache als erstes die Reality-Check Übungen welche schon 2x Mal nicht funktioniert haben, Zunge durch den Gaumen stecken und Finger durch die Handfläche. Auch diesmal klappt’s nicht. Dann verlasse ich das Geschäft und schaue mich um. Das Haus scheint zum Teil noch Baustelle zu sein, jedenfalls ist alles noch aus Beton und einige Räume sind nicht eingerichtet. Ich entdecke einen Raum, wo ein Schlagzeug steht. Zunächst überlege ich, ob ich drauf spielen soll, erinnere mich aber dann an die Möglichkeiten des Klartraumes und wünsche mir Sheila-E herbei, die ehemalige Schlagzeugerin von Prince. Es funktioniert nicht. Zum einen liegt’s daran, dass mir nicht einfällt, wie sie aussieht und zum anderen, dass ich nur mit geschlossenen Augen Visualisieren kann, ich dann aber immer im Void lande. Also lasse ich die Augen offen und fordere laut und energisch die Anwesenheit von Sheila-E. Zwei Versuche ohne Erfolg, dann gebe ich auf und verlasse das Haus.
Draußen bin ich in einer mir unbekannten Stadt. Die Stadt sieht nicht wie eine deutsche Stadt aus. Sie ist modern, mit breiten, stark befahrenen Strassen und überwiegend weißen Häusern – sie erinnert mich ein wenig an Singapur. Ich schlendere vor-mich-hin-singend eine Strasse entlang, als mich eine Frau anspricht, eine Asiatin. Sie würde auch sehr gerne singen, aber es sich nicht trauen – nur im Badezimmer des Hauses ihrer Freundin, sie sei gerade auf dem Weg dorthin. Ich begleite die Frau. Wir gelangen an ein Eckgeschäft, das ein Fotoladen ist, also, wo man Filme zum Entwickeln abgeben kann. Ich frage, ob ich mitkommen kann, aber sie sagt, sie können nur alleine singen. Ihre Freundin steht in der Tür und verdreht die Augen. Dann hören wir sie aus dem oberen Stockwerk singen. Sie singt gut, es ist irgendein Discosong aus den 70ern, den ich aber nicht mehr erinnere. Ihre Stimme ist erstaunlich soulig für eine Asiatin, denke ich.
Der Laden hat ein Vordach. Um ihr dennoch heimlich beim Singen zuzusehen, springe ich mit einem Satz auf das Vordach und schaue durchs Fenster. Sie singt nicht im Badezimmer, sondern in einer Art Aufnahmeraum, mit Mikrofon und abgehängter Decke. Sie sieht mich nicht. Dann hüpfe ich wieder runter. Ein schwarzes Pärchen kommt dazu. Er trägt eine Militäruniform und ist sehr groß. Auch er will wissen, wer da so toll singt. Ich sage ihm, er müsse hoch auf das Vordach, dann könne er sie sehen. Weil er so groß ist, muss er nur seine Arme ausstrecken und schon hat er sich hinaufgehangelt. Nach ein paar Sekunden kommt er wieder runter und ein weiterer Mann kommt dazu. Auch er will aufs Vordach, um die Sängerin zu sehen, aber er ist sehr dick und schwer, auch ist er nicht so groß, wie der andere. Ich biete ihm Räuberleiter an. Er lacht, wie ich halbes Hemd bei ihm Räuberleiter machen soll?
Ich weiß ja um meine Klartraumkräfte und sichere ihm zu, dass das garantiert klappen würde. Er steigt mit einem Fuss auf meine zusammengefalteten Hände und fällt fast hin, weil ich meine Kraft unterschätzt und ihn mit einer winzigen Bewegung aus dem Gleichgewicht gebracht habe. „Nicht so schnell, junger Mann“, sagt er mit einem Lachen. Dann steigt er mit beiden Beinen auf meine Handflächen und ich hebe den 2-Zentner-Mann mit einem Wink nach oben aufs Vordach. Das Pärchen staunt und fragt mich, wie ich das machen würde. „Klartraummagie“ antworte ich. Ihr Blick verrät, dass sie mit dem Begriff nichts anfangen können. Bald kommt auch der dicke Mann wieder herunter (ich weiß nicht mehr wie) und alle fragen mich, wie ich das gemacht hätte. Ich antworte nicht, weil ich plötzlich abgelenkt bin.
Auf der anderen Strassenseite ist ein Haus mit einem kleinen Vorgarten, in welchem sich zwei sonderbare Tiere aufhalten. Das eine ist ein Reh mit lockigem Fell und das andere ein Reh mit grünen und blauen Pfauenfedern am ganzen Körper. Ich fliege über die Strasse und lande so plötzlich vor den beiden Tieren, dass sie erschrocken davoneilen. Ich schaue ihnen nach und entdecke dabei ein weiteres, sehr eigentümliches Wesen. Es ist ein winziger, weißer Elefant, von der Größe eines kleinen Hundes etwa, der über und über mit Gold-Accessoires verziert ist. Er sieht aus wie die Miniaturausgabe des indischen Gottes Ganesh – auch trägt er eine Krone aus Gold. Er ist sehr scheu. Als ich mich ihm nähere, flieht er in einen Souterrain-Eingang. Ich schleiche mich heran und rede ihm gut zu, dass ich ihm nichts tuen will. Er hat sich hinter einem Blumentopf verkrochen, aber sein rundes, weiß-goldenes Hinterteil schaut hervor. Es gelingt mir, ihn zu streicheln, dann rennt er davon. Es fühlt sich glatt und warm an, wie ein kleiner Hundewelpe, bevor ihm das Fell wächst.
Dann verlasse ich das Souterrain und schlendere die Strasse entlang. Ich sehe ein paar Meter vor mir jemanden einen Berg von Krempel nach Brauchbarem durchsuchen, er findet aber nichts, was er gebrauchen kann. Ich entdecke sofort ein paar braune Ton-Bongos und fange an, darauf zu spielen. Sie klingen unglaublich gut und ich kann nicht verstehen, wie jemand sowas wegschmeißen kann? Ich frage den Mann, ob das hier Sperrmüll sei und er antwortet, er glaube schon. Die Bongos stehen auf einem anderen Holzinstrument, welches die Schwingungen verstärkt und die Trommelschläge zu singenden Tönen werden lässt, ahnlich wie bei einer Hang-Drum. Es ist vom Klang her eine Mischung aus Bongo, Tabla und Hang.
Ich spiele lange und ausgiebig. Mein letzter Rhythmus ist bewusst gewählt, um meine Gehirnhälften zu synchronisieren. Ich denke mir, dass das nicht schaden kann, vielleicht stabilisiere ich den Klartraum dadurch zusätzlich, obwohl der KT bereits erstaunlich stabil ist (habe bislang noch nicht 1 x stabilisiert). Ich schlage mit beiden Händen synchron einen 8tel-Rhythmus, wobei ich auf die Zwei einen Akzent setze. Es entsteht ein hypnotischer Rhythmus, wie man ihn von schamanischen Ritualen her kennt. Die Trommeln sind so gestimmt, dass ein harmonischer Zweiklang entsteht. Der Klang der Trommeln hüllt mich komplett ein und versetzt mich in eine leichte Trance. Der Traum und ich sind jetzt eins – untrennbar miteinander verbunden über den Rhythmus und den alles ausfüllenden Sound der Trommeln.
Ich spiele lange, es fühlt sich fantastisch an. Dann stelle ich die Bongos beiseite. Ich würde sie zu gerne mit ins Wachleben nehmen, aber das geht ja nicht. Ich beschließe, den Traum mit einem Flug fortzuführen und starte senkrecht nach oben, habe dabei allerdings übersehen, dass Starkstromleitungen über mir sind. Der Mann ist immer noch da und warnt mich. „Vorsicht!“, ruft er zu mir rauf. Ich berühre zugleich zwei benachbarte Leitungen und bekomme einen großen Schreck. Was, wenn die tatsächlich Strom führen? Aber es passiert nichts. Dennoch lande ich sicherheitshalber wieder und laufe ein Stück zu Fuss. Ich befinde mich auf einer Brücke und habe einen guten Blick über die Stadt. Sie ist sehr beeindruckend, alle Häuser sind weiß. Zwischen den Häusern befinden sich grüne Parkanlagen, auch Seen und kleine Wasserläufe sind zu sehen.
Die Stadt ist zudem auf hügeligem Gelände gebaut. Ich bin jetzt weit weg von den Stromleitungen und starte erneut einen Flug. Wieder bin ich im selben Augenblick in ca. 20 Metern Höhe und gleite ruhig, wie ein Adler über eine atemberaubend schöne Landschaft. Das Wetter ist sonnig und die Sicht hyperreal. Jedes Detail ist in der Ferne zu sehen, alles ist crisp und hochaufgelöst. Es erklingt ein Reggae-Song. Ich entferne mich immer mehr von der Stadt und es wird immer grüner und hügeliger, erste Wälder sind zu sehen. Jetzt fliege ich auf dem Rücken und ertappe mich dabei, wie ich die Augen schließe, während ich das Lied mitsumme. Als ich die Augen wieder öffne, ist der Traum immer noch da. Ich habe das Gefühl, bereits eine Ewigkeit in dieser Traumwelt zu sein und beschließe, wach zu werden, weil ich das Gefühl habe, dass mir die Kraft ausgeht und ich mich auch anfange zu langweilen. Ich konzentriere mich aufs Wachwerden und der Traum verblasst. Ich schaue noch kurz in ein matt-silbernes Licht, dann werde ich wach.
Es ist 04:06 Ich weiß nicht, ob ich einen Trübtraum vorweg gehabt hatte, es ist aber gut möglich. Ich vermute dennoch, dass der Klartraum mindestens 20-30 Minuten gedauert hat, sollte ich keinen Traum vorweg gehabt haben, sogar deutlich länger. Ich bin keineswegs erschöpft und total zufrieden. Einer der schönsten und stabilsten Klarträume der letzten Monate.