Mein 1. Ayahuasca-Retreat (April 2016)

1. Nacht

Die erste von zwei Nächten begann um 23 Uhr. Gerade wollte ich den kleinen Becher mit Ayahuasca herunterwürgen, als ich feststellte, dass es geschmacklich wirklich Übleres gibt (gut, den Becher auslecken würde ich jetzt nicht unbedingt). Dann legte ich mich hin und erwartete das Unfassbare. Zunächst einmal passierte lange gar nichts. Hm, nicht so dolle, wollte es mir gerade durch den Kopf schießen, als eine starke Hitze in mir aufstieg, begleitet von einem leichten Blitzlichtgewitter, wie ich es aus Einschlafphasen oder Meditationen kenne. Dann folgten bald die ersten geometrischen Figuren und Ornamente. Die Farben waren freundlich, überwiegend Rot- und Blautöne.

Es waren jetzt ca. 30 Minuten seit der Einnahme vergangen und die ersten Übelkeitserscheinungen traten auf. Ich atmete tief durch und konnte meinen Magen erstmal wieder beruhigen. Lange ließ er sich so nicht besänftigen. Inzwischen waren die Formen und Farben aggressiver, insektenartiger geworden und mir war mittlerweile richtig schlecht. Ich beugte mich über meinen Eimer „and gave the 1st shot a try“. Dann legte ich mich wieder hin. Die Farben und Muster wurden wieder entspannter und als der Schamane anfing auf seiner Gitarre zu spielen, schienen die Muster und Formen im Rhythmus der Musik zu tanzen. Es waren überwiegend architektonische Formen, oder Gittermodelle, wie aus 3D- Programmen.

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Leider wars das noch nicht mit dem sich Übergeben. Es folgten noch zwei weitere Gänge zur Toilette innerhalb kurzer Zeit, dazu auch noch Durchfall (DF). Es ging mir echt schlecht. Abhilfe verschaffte die Musik des Schamanen. Sie beruhigte und mit der inneren Ruhe harmonisierten sich auch Formen und Farben wieder. Ayahuasca bewies dabei sogar Humor. Ich bekam die Vision eines blauen Schweinchens, welches in einem blauen Wohnwagen mit weißer Tür lebte und mich angrinste.

Dann wurde der Höhepunkt des „Leidens“ erreicht. Ich musste mich so stark übergeben, dass ich dachte, es zerreißt mich. Dazu der DF. Obwohl ich mittlerweile im Peak der Wirkung angelangt war, eierte ich in den folgenden 2 Stunden 3 mal zur Toilette. Irgendwann war alles raus und ich konnte wieder entspannen. Jetzt begann das Paradies. Die Assistentin begann auf ihrem Monochord zu spielen und löste damit bei mir nicht nur mehrere Kundalinischübe aus, sondern ließ mich in einem Meer aus Glücksgefühlen versinken. Glück und Liebe, aber so viel, dass ich noch Monate davon werde zehren können! Dazu wunderschöne Visionen, wie aus einer völlig anderen Welt.

Mir war das genug, mehr brauchte ich nicht. Als mein Energiekörper abermals anfing, sich ausserhalb meines physikalischen Körpers auf den Weg machen zu wollen, rief ich innerlich „Stopp, nicht so schnell. Ich brauche Zeit“. Sofort stoppten die Visionen. Alles stoppte, auch die Schwingungen (Vibrationen). Nach einigen Sekunden der Ruhe setzten zumindest die Visionen wieder ein, aber im Zeitlupentempo!

Ayahuasca hatte ein Einsehen mit mir. Wir haben miteinander „gedealt“.

Ich hatte noch einige sehr schöne Stunden, mit beeindruckenden, langsam vor sich hinschwebenden Visionen. Die 1 Stunde Leiden hatte ich am Morgen fast schon wieder vergessen.

2. Nacht

Die zweite Nacht teilte sich in 3 Abschnitte mit völlig unterschiedlichem Verlauf ein. Der erste Abschnitt von ca. 1 1/2 Stunden Länge, verlief sehr angenehm. Ich habe mich nicht hingelegt, sondern in meiner 45 Grad Position in einem wartenden Zustand verbracht. Nach ca. 20 Minuten setzte die halluzinogene Wirkung ein. Los ging es mit Blitzen in den Augenwinkeln und weiter mit einem nicht enden wollenden Aufgebot an geometrischen Figuren. Mandalas, Kaleidoskop-Muster, Tiere und die typischen Ayahuasca-Pattern – alles in hellen, freundlichen Farben. Als dann nach ca. 30 Minuten die Hitze aufstieg, meldete sich ein leicht unangenehmes Magengefühl an. Ich atmete tief durch und das Gefühl verschwand wieder.

Dann konnte ich 1 Stunde lang ein wahres Farb- und Musterfeuerwerk bewundern, noch schöner, als die vom Vortag. Die Pattern waren überwiegend aus Gold und Rot. So schön, dass es mir innerlich die Sprache verschlug. Leuchtende Muster mit Goldrändern, die sich wiederum in andere Formen aus Gold und Rot verwandelten. Irgendwann waren es blaue Muster mit Gold dazwischen. Überall Gold, von strahlender Schönheit und Vollkommenheit! Dann folgten Schlangen, blaue Pinguine, wunderschöne Tiefseefische und gelb-grün-blau-rote Vogelspinnen, die aber so schön waren, dass ich sie nur bewundern konnte (ich bin Spinnenphobiker!). Im Universum gibt es nichts Hässliches, kam mir in den Sinn.

Dann türmten sich Städte vor mir auf. Fantasiestädte mit einer Unzahl an Türmen und Brücken, Städte die in Felsen gemeißelt waren, oder auch massive Betonburgen. Alles von extremem Detailreichtum, wie ich es von meinen luziden Träumen her kenne. Dazwischen immer wieder die amorphen sich ständig verändernden Figuren, Quallen aus leuchtenden, bunten Farben oder Wasserpflanzen. Auch diverse Raumschiffe zogen an mir vorbei, z.T. atemberaubend groß und detailreich.

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Begleitet wurde das Ganze durch starke Vibrationen und ein beginnendes Taubwerden der Gliedmaßen. Da ich aber nicht Out-Of-Body wollte, weil ich nicht wußte, ob ich wieder Kotzerei oder Dünnpfiff bekomme, habe ich mich immer wieder an den Holzdielen des Bodens geerdet und den Prozess der Körperablösung verhindert.

Irgendwann fing der Schamane an, sanfte Flötentöne anzustimmen, welche diejenigen, die sich übergeben mussten, beruhigte. Bei einigen erzeugten sie allerdings genau das Gegenteil, je nachdem, was der Geist der Pflanze mit ihnen vorhatte. Gegen Ende des ersten Abschnitts fing die Assistentin an, mit einer Klangschale einzelne Töne erklingen zu lassen. Ich drehte mich mit dem Kopf in ihre Richtung, so dass die Schwingungen direkt meinen Hinterkopf trafen. Ich war, wie erwähnt, dauerhaft im Vibrationsstatus und extrem empfindlich für Schwingungen aller Art. Die Töne ließen wieder jenes starke Glücksgefühl aufkommen, welches ich schon in der 1. Nacht hatte, aber diesmal wesentlich stärker. Ich schwamm in einem Meer aus Glück, es war unglaublich. Der Zustand, in den mich Ayahuasca im Zusammenhang mit den Tönen versetzte, kann man nur als „Bad in einem Ozean aus Glück und Liebe“ bezeichnen.

Etwa 2 Stunden nach Beginn der Zeremonie fragte der Schamane, wer ein zweites Glas Yagé (die Kolumbianische Variante von Ayahuasca) haben wollte. Ich überlegte, da die Wirkung nachzulassen schien, hab dann aber darauf verzichtet, da ich wieder DF bekommen hatte.

Ich legte mich wieder hin und bemerkte, dass mir schlecht wurde. Gleichzeitig sprach eine innere Stimme zu mir, „Öffne dein Herz“. Ich antwortete per Gedanken „Ja, ich weiß. Nächste Woche fange ich damit an!“. Aber Ayahuasca duldet keinen Aufschub. Ich bekam wie von einer unsichtbaren Nadel einen seelischen Schmerz verpasst, dazu wieder die Worte „Öffne dein Herz!“. Es tat unglaublich weh, vergleichbar mit dem Schmerz, den man erleidet, wenn man einen Menschen oder Tier verliert, den/das man abgöttisch geliebt hatte. Ich sprach in Gedanken zu der Pflanze „Ja, bitte, ich weiß. Ich werde das sobald wie möglich in Angriff nehmen, aber hier und jetzt kann ich es nicht machen!“

Zack, der nächste Stich. Es schmerzte sehr. Gleichzeitig formte sich ein leuchtend rotes Herz vor meinen geschlossenen Augen, das aufgeregt blinkte, wie eine Warnleuchte. „Alarm, Alarm!“. Mir wurde immer übler und ich war mir sicher, dass es helfen würde, wenn ich mich übergeben würde. Ich zog meinen Eimer an mich heran, aber nichts passierte. Es wollte einfach nicht. Ich litt mittlerweile echte Höllenqualen. Ich erfuhr am eigenen Leib, wie meine Seele leidet. Mittlerweile hatte die Medizin ihren Peak erreicht. Aus der Flaute vor 30 Minuten ist ein zweiter Schub geworden, der den ersten (der ersten 2 1⁄2 Stunden) um ein Vielfaches überstieg. Der Schamane kam zu meinem Platz und sprühte mir Aqua Florida ins Gesicht. Augenblicklich wurde ich ruhig und der seelische Schmerz verschwand.

Da ich mich anfangs nicht übergeben musste, hatte die Medizin genug Zeit, ihr komplettes Wirkstoffdepot in meinen Körper zu leiten – das machte sich bemerkbar. Ich sah mittlerweile das komplette Universum vor mir. Nicht konkret als Sterne und Planeten, sondern als Model.

Es war das Universum der Welten. Ein Hologramm baute sich vor mir auf und zeigte mir, wie alles miteinander verbunden ist. Mir wurden acht Dimensionen gezeigt. Unsere 3. Dimension, die Dimension der Materie, inkl. der Zeit, befand sich interessanterweise an 2. Stelle.

Ich konnte mich gedanklich dorthin begeben und z.B. meinen Arbeitsplatz besuchen und jeden anderen Ort unserer materiellen Welt. Das Hologramm war ständig in Bewegung. Die Dimensionen waren mit Lichtbahnen verbunden und um das Hologramm der Dimensionen herum war die pure Schönheit, geradezu überirdische Schönheit. Ich konnte es nicht fassen, so stellte ich mir Gott vor. Pure Schönheit und Liebe. Mein rot pochendes, leidendes Herz befand sich in diesem Außenbereich. Vielleicht war das ja die Dimension der Gefühle? Jedenfalls hätte das Sinn für mich gemacht.

Immer wieder konzentrierte ich mich auf meinen auf der Isomatte liegenden Körper. Er war mittlerweile pure Energie und jede Finger- oder Handbewegung zog feine Lichtfäden hinter sich her, während es gleichzeitig gefühlt knisterte. Der Versuch, die Fingerkuppen der Hände aufeinander zuzubewegen, endete bei einem Abstand von 3 Zentimetern, mehr ging nicht. Die Energie, die sie ausstrahlten, durchdrangen und addierten sich, was ich wie einen stechenden, elektrischer Schlag wahrnahm. Ich war überrascht. Was für eine Energie wir in unseren Händen haben, unglaublich!

Während ich also auf das göttliche Universum blickte, bestehend aus den Welten-Dimensionen, umgeben von der Dimension der Gefühle, und vor Glück hätte zerspringen müssen, begann ich erneut seelische Qualen zu leiden. Ich musste aus dieser Endlosschleife raus, oder vor Unglück sterben – so jedenfalls fühlte es sich an. Es setzte starke Übelkeit ein, aber ich konnte mich immer noch nicht übergeben. Mein Leiden fing an unerträglich zu werden und ich bat den Schamanen per Gedanken, mir zu helfen. Wir alle dort waren jetzt miteinander verbunden. Gefühlsmässig und gedanklich. Der Schamane begann auf seiner Flöte zu spielen. Diesmal beruhigte sie mich nicht, sondern tat das, was sie auch bei einigen anderen einige Stunden vorher bewirkt hatte – sie blies zum Befreiungsschlag!

Ich übergab mich so intensiv, dass ich dachte, der Teufel persönlich hätte sich in mir eingenistet. Ich hatte so etwas noch nicht erlebt. Völlig erschöpft, aber gleichzeitig erleichtert und ruhiger musste ich zur Toilette. Ich bat die Assistentin, mich zum Klo zu geleiten, weil ich gerade erst aus einer völlig anderen Welt zurückgekehrt, komplett orientierungslos und vom Erbrechen sehr erschöpft war. Ich wusste nicht, wo ich bin, wer ich bin, und wo es zur Toilette geht. Ich vermute mal, dass ich durchs Erbrechen zusätzlich stark dehydriert war. Auf der Toilette übergab ich mich ein letztes Mal und leichter DF setzte ein. Ich konnte alleine zurückgehen, alle meine Sinne waren wieder auf Erden und ich fühlte mich zwar schwach, aber erleichtert.

Ich fiel wie ein Stein auf meine Matte und war völlig erledigt und in Schweiß gebadet. Ich glitt erneut in eine tiefe Trance. Irgendwann fing der Schamane an, Gitarre zu spielen und zu singen, ein Lied aus dem Amazonasgebiet Kolumbiens. Das änderte alles schlagartig. Das Universum vor meinem inneren Auge, welches wieder zu Leben erwacht war, erleuchte in weißem Licht, welches einen leichten Blaustich hatte. Teile des Hologramms schwangen im Rhythmus der Musik. Ich spürte, dass der Schmerz wich und die pure Liebe mich befiehl.

Da war er wieder, der Ozean der Liebe. Ein letztes Mal zeigte sich in einer Vision mein Herz. Es war diesmal goldorange und umgeben von strahlendem Rot, wie dem Rot eines Sonnenuntergangs. Es pochte und blinkte.

Begleitet wurde die Vision von einem für mich ungewöhnlich starken Kundalinischub, von den Fußsohlen bis über den Kopf hinaus.

Ich bedankte mich in Gedanken bei dem Schamanen und seiner Assistentin für ihre Hilfe und liebevolle Zuwendung und genoß diesen himmlischen Zustand. Es war göttlich, nach all dem Leiden diese unmittelbare Glückseeligkeit erleben zu dürfen! Die Wirkung der Pflanze ließ etwas nach. Mein Universum verblasste und ich war wieder in der Welt der Formen, Farben und Lebewesen.

Ich war inzwischen völlig regeneriert. Die Kraft war nicht nur wieder da, sie war stärker als zuvor.

Ich erlebte mehrere Kundalinischübe, welche mir das Gefühl gaben, dass sich mein Kopf in Richtung der Musik öffnete, um die Noten aufzunehmen. Leider mußte ich den Genuss unterbrechen. Ein Zwicken und Zwacken im Darm signalisierte, dass sich da was ankündigt. Ich ging zur Toilette und (sorry) schiss mir jetzt auch noch den Belzelbub aus dem Leib. Endgültig befreit von aller Last und allen Leidens legt ich mich hin und tauchte in mehrere luzide Träume. In diesen Träumen wurden mir Dinge verständlich gemacht, ohne Worte oder Erklärungen zu benutzen. Ich bekam die Erkenntnisse sozusagen „raufgeladen“. Ich sah für einen Moment die Traum-Ebene in meinem Universum aufblitzen. Sie war ein schmaler Streifen unweit der 3. Dimension. Was für Erkenntnisse mir vermittelt wurden, kann ich nicht mehr erinnern, es waren zu viele. Aber jedesmal dachte ich, ja klar, genau so ist es.

Die Klartraumphase dauerte etwa 1 Stunde. Es waren beim Erwachen insgesamt sieben Stunden vergangen. Sieben Stunden in denen ich durchgehend bewusst war und von großerLiebe bis zu großen Qualen alles durchlebt hatte.

Fazit:

Es war eine unbeschreibliche Erfahrung, die ich nur schemenhaft in Worte fassen kann. Allein die Schönheit der Vision des Universums ist schwer beschreiben. Ebenso der Ozean der Liebe oder die Dimension der Gefühle, wo mein gepeinigtes Seelenherz immer noch auf seine Erlösung wartet. Bevor ich in die luziden Träume gefallen war, bekam ich noch eine Botschaft mitgeteilt. Dein Herz ist noch nicht geöffnet, aber die Tür hat jetzt Löcher. Die letzten Visionen, an die ich mich erinnere, waren goldene, kunstvoll gestaltete Reliefe. Sie veränderten ständig ihre Form und priesen sich an wie eine Braut.

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